Um halb sieben stehen wir schon in der Bäckerei, um dreiviertel sieben geht es los. Wir wollen heute früher gehen, damit wir nicht in die große Hitze kommen. Nicht einmal 14 km wird der heutige Weg lang sein, doch wie könnte es anders sein, mit gröberen Steigungen von weit über 20 Prozent gespickt.

Von der Landschaft ist es gleich wie gestern. Wir kämpfen uns durch den Macchia-Wald hoch, auf teils morastigem Gelände. Gut, dass es die letzten beiden Tage nicht geregnet hat, sonst wäre das eine einzige Rutschpartie geworden.

Kurz vor Assisi erblicken wir die Oberkirche, wo der Heilige Franz in der Krypta der Unterkirche begraben wurde,

Wir kämpfen uns den Berg hoch zur Stadt. Warum nur mussten die Menschen im Mittelalter ihre Städte so exponiert bauen? Es muss ja auch damals schon anstrengend gewesen sein, alles Zeug hoch zu schleppen.

Endlich kommen wir an der Porta San Giacomo an und betreten durch sie die Altstadt. Zuerst einmal geht es zum Hauptplatz für ein kühles Getränk…

…danach zur Unterkunft. Natürlich in einem alten, aber super renoviertem Steinbau, finden wir ein großes Zimmer mit allem Komfort vor. Duschen, und für mich die Entsorgung meiner Wanderschuhe, stehen auf dem Programm. Die Schuhsohlen sind wieder einmal zu Slicks geworden. Jetzt wird es Zeit um uns die Stadt anzuschauen.

Außerdem möchte ich euch ein wenig von Franziskus erzählen. Er war Sohn eines reichen Tuchhändlers so um 1181/1182 geboren. Nichts genaues weiß man nicht. Sein Vater kam von einer Frankreichreise nach Hause und nannte den Jungen (nicht wie in der Häfenelegie: „Bei mia haaßt Fraunz“) Franceso (also kleiner Franzose), obwohl er eigentlich als Giovanni zur Welt kam. Untenstehend die Eltern als Statuen heute in Assisi.

Franz brach mit seinem Vater, weil er dessen Geld mit beiden Händen ausgab und dieser ihn vor Gericht klagte. Franz zog sich vor Gericht nackt aus und verzichtete auf sein Erbe. Er lebte fortan als Bettelmönch und Prediger, weil er sich nach einer inneren Wandlung nach einer Kriegsgefangenschaft in Perugia, völlig dem Glauben hingab.

Er scharte Anhänger um sich und gründete den Orden der minderen Brüder, aus denen die Minoriten hervorgingen, ebenso wie die Franziskaner. Er war auch Mitbegründer der Klarissen.

Von einem Orientaufenthalt soll er mit einer Augenkrankheit zurückgekehrt sein, die beinahe zu seiner Erblindung führte. Es gibt jede Menge weiterer Legenden um ihn. Beispielsweise seine Stigmatisierung, die die Kirche zuerst anerkannte und dann doch nicht als echt beglaubigte.

Eine andere Legende besagt, dass ein Wolf den Menschen um Assisi Angst bereitete und er mehrere Menschen angegriffen habe. Franz stellte sich vor den Toren der Stadt dem Wolf, der auch ihm mit weit aufgerissenem Maul pfauchend entgegen kam. Franz ging auf ihn zu, segnete den Wolf und befahl ihm sich hinzulegen. Der Wolf kam dieser Aufforderung nach. Danach verbot ihm Franz jemals wieder Menschen aus Assisi zu nahe zu kommen. Auch das akzeptierte der Wolf und trottete friedlich davon.

Wir betreten durch die Unterkirche, die 1230 fertig gestellt wurde die Krypta, wo hinter Eisengittern der Steinsarkopharg von Franz zu besichtigen ist. Viele Gläubige stellen sich in einer Reihe an, um ein paar Sekunden den Stein berühren zu können. Franz starb 1226 und bereits zwei Jahre später wurde er vom Papst heilig gesprochen. Der Orden der Franziskaner verbreitete sich in Windeseile in ganz Europa. Auch in Wien wurde 1224 auf Initiative von Leopold VI. ein Kloster der Minderen Brüder gegründet, in der Nähe der heutigen Minoritenkirche, wo eine Statue an den Ordensgründer erinnert. Die Franziskaner haben auch im 1. Bezirk ihr Kloster wo sie treu der Tradition täglich Armenausspeisungen durchführen.

Der Innenhof der Unterkirche vom Niveau der Oberkirche aus gesehen:

Sofort nach Fertigstellung der Unterkirche wurde mit dem Bau der Oberkirche begonnen.

Nun zu einem anderen, vielleicht schon bald Heiligen, Carlos Acutis, der 2020 selig gesprochen wurde. Er wurde in England geboren, seine Eltern stammten jedoch aus Assisi. Carlos war ein Computergenie und darüber hinaus sehr religiös. Er half den Armen wo immer er konnte. Er erkrankte an einer akuten Leukämie und verstarb fünfzehnjährig, 2006. Ein Wunder wurde ihm zugeschrieben, darum auch die Seligsprechung. Derzeit wird ein zweites geprüft und dann steht einer Heiligsprechung nichts mehr im Wege…

In der Cattedrale di San Rufino beten bereits viele Gläubige vor seinem Bild. Vielleicht wird der Junge mit Jeans und Turnschuhen der erste Heilige als Patron des Internets.

In der Kirche Santa Maria Maggiore ist er in einem gläsernen Sarg begraben, nachdem man ihn 13 Jahre nach seinem Tod exhumieren ließ. Ich habe kein Foto von ihm gemacht, ihr könnt es gerne Googeln. (Ich habe eines von der Pilgergruppe aus Afrika im Innenhof des Bischofsitzes gemacht.) Carlos im gläsernen Sarg schaut aus, wie eine Nachbildung von Madame Tussaud und damit möchte ich niemandem nahetreten, der meint, er ist es.

Ich habe schon von den Klarissen gesprochen. Die Heilige Chiara, als Zeitgenossin, war ein wenig jünger als Franz und wurde auch heilig gesprochen. In der Basilika di San Chiara pilgern ebenso viele Gläubige zu ihrem Sarkophag.

So, genug von Seligen, Heiligen und Kirchenbauten, werfen wir einen Blick auf einen auffallenden Profanbau, den Rocco Maggiore:

Es ist eine Befestigungsanlage aus dem 12. Jahrhundert und die größere von zwei Anlagen. Rocco Minore ist die gegenüber liegende kleinere. Durch die Stadtmauer, die um die ganze mittelalterliche Stadt führt, sind die beiden Bauwerke miteinander verbunden.

Assisi hat mit den umliegenden Gemeinden knapp 30.000 Bewohner. Innerhalb der Stadtmauern lebten früher 8.000 Menschen, heute sind es nur mehr 800 in der seit dem Jahr 2000 zum UNESCO Weltkulturerbe gehörenden Stadt. Wie überall wird im Zentrum für Einheimische der Wohnraum knapp, wenn der Tourismus boomt.

Vielleicht als kleines Detail noch: Santiago de Compostela ist ebenso eine der 4 Partnerstädte, wie auch Betlehem.

Das Positive des Tages: Der größte „Hatsch“ ist vorbei, jetzt folgt die Zugabe.

2 Kommentare

  1. Tolle Fotos und interessante Geschichte.
    Freunde waren erst vor Kurzem mit einem Bus aus OÖ dort.
    Für die Zugabe noch eine schöne Zeit.
    LG Elfi M.

  2. Lieber Walter, liebe Elfi, wie zu erwarten, wieder tolle Berichte und beeindruckende Bilder. Ganz schön heftige Steigungen. Beeindruckend wie fit ihr seit….toll
    Die Seilbahn ist bzw war zu 100% ein spezielles Erlebnis 🙂
    Wünsche euch für die Zugabe noch alles Gute und eine angenehme Rückreise.
    Kommt gut heim, bis bald liebe Grüße Karin

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