Wir frühstücken um acht und da unser Zug nach Arezzo erst kurz nach 12 Uhr geht, haben wir noch genügend Zeit, die Rucksäcke in eine Aufbewahrung in Bahnhofsnähe zu geben und danach wieder ein wenig durch die Stadt zu schlendern. Das mit der Aufbewahrung von Gepäck scheint hier ein neuer Einnahmezweig zu sein. Viele kleine Läden bieten das an, weil bei den B&B Unterkünften muss man bis zehn Uhr aus checken. Wir erwischen eine „günstige“ Aufbewahrungsstelle um 6 Euro für die ersten 4 Stunden pro Rucksack. Die meisten verlangen überhaupt gleich 4 Euro pro Stunde.
Wir begeben uns zur Piazza Santissima Annunziata. Weil dort gibt es im Palazzo Grifoni ein offenes Fenster. „Kunststück“, werdet ihr sagen. Was ist hier die Besonderheit? Dieses Fenster ist seit dem Jahr 1500 nie mehr geschlossen worden. Nach einer Legende wartete eine junge Braut damals an diesem Fenster auf die Rückkehr ihres Geliebten aus dem Krieg. Nachdem sein Tod bekannt wurde hatte man das Fenster geschlossen, was eine kontroverse Diskussion unter den Florentinern auslöste und deshalb wurde beschlossen, dass es für immer offen bleiben sollte. Nun und deshalb laufen die Touris wie wir hin und schauen ob es stimmt. – Das Fenster ist offen. 😉

Ich glaube ja, dass die Fremdenverkehrswerbung einige solcher Geschichten erfindet um die Touristen in Scharen anzulocken. Der Erfolg gibt ihnen Recht. Florenz ist schon sehr überlaufen.
Natürlich müssen wir heute noch überprüfen, ob die Marmorplatte (wie gestern berichtet) am Aufschlagort der Goldkugel vom Dom wirklich davon zeugt. Auch sie existiert und schaut schon ganz schön zerbrochen aus. Langsam zweifle ich an mir und den „Sehenswürdigkeiten“.

Eine neuere Legende erzählt von einem fliegenden Pferd, das am Himmel über Florenz erschienen sein soll. Manche Menschen glauben, dass das Pferd ein Symbol für Hoffnung und Freiheit ist. Tja, das lässt sich beim besten Willen nicht beweisen.

Eine andere Sache können wir jedoch überprüfen: Die Ufficina soll die älteste Apotheke der Welt sein. Sie wurde 1221 durch Dominikanermönche gegründet. Wir finden sie auch.

Es ist eine sehr noble Parfumerzeugungs- und Verkaufsstätte.

Die Dominikaner dürften sehr fleißig gewesen sein.


Das ganze Anwesen mit seinem prächtigen Innenhof zeugt von Prunk.

Es wird Zeit, dass wir uns wieder zum Bahnhof begeben. Es herrscht ein irrer Betrieb. Die Züge fahren nicht nur im Minutentakt ab, sondern oftmals bis zu drei Züge zeitgleich. Eine Stunde dauert die Fahrt nach Arezzo.
Dort angekommen suchen wir am Bahnhofsplatz unseren Bus, der uns nach Rassina bringen soll. Wir finden keinen und belagern einen Mitarbeiter des Infocenters. Der erklärt uns lang und breit eine Route, die über einen anderen Ort führen würde und mehr als zwei Stunden länger dauert. Es ist auch kein Bus, sondern ein Zug mit einem Busanschluss. Also stürmen wir wieder den Bahnhof und begeben uns zum freien Zugsauskunftsschalter. Die Dame dort erklärt sich nicht zuständig für ein Zugsticket, wir sollten nebenan in der Trafik fragen. Die Zeit drängt. Wir entern die Trafik und siehe da, wir bekommen dort ein Zugticket, das auch für den Bus gilt und das auf unserer ursprünglich geplanten Strecke.
Heiliger Bimbam! Wir finden den Zug, der offensichtlich nur von Schülern besetzt ist und erkämpfen uns einen Sitzplatz. Der Zug fährt mit zweiminütiger Verspätung ab. Das ist deswegen kritisch, weil wir nur 6 Minuten zum Umsteigen in den Bus nach Chiusi Della Verna haben. Bei jeder Station kommen ein bis zwei Minuten Verspätung dazu und unsere Felle scheinen dahin zu schwimmen. Zum Überdruss bleibt der Zug noch bei einer Station stehen, die es gemäß Fahrplan gar nicht gibt. Vierzehn Minuten verspätet kommen wir in Rassina an. Man glaubt es nicht. Es stehen drei Busse am Bahnhofsvorplatz und unserer hat auch auf seine Gäste gewartet. Wir geben bekannt, wo wir hinwollen, steigen ein und los geht die rasante Fahrt. Kehren um Kehren werden überwunden. 32 Haltestellen sollten es sein bis zum Ziel. Bei dreien wurde auch gehalten und zu guter Letzt führt uns der Busfahrer noch zwei Kehren weiter als er muss, und lässt uns dort aussteigen. Um zwei Minuten früher als der ursprüngliche Plan…
Das Wetter hat auch wieder mitgespielt. Alles ist nass, also hat es davor geregnet, doch jetzt scheint die Sonne und wir machen uns an den steilen Anstieg zur Pilgerherberge.

Wir kommen auch gleich ins Schwitzen, weil wir es wieder einmal zu schnell angehen. Glücklicherweise ist der Weg nicht zu lang und wir kommen bei der Herberge an. Einen besseren Griff hätten wir nicht machen können. Alles ist wunderbar.

Nach dem Check-In bestaunen wir den langjährigen Rückzugsort des heiligen Franziskus. Ihm hatte Graf Orlando von Chiusi, der ein Bewunderer des Mönches war, den Berg 1213 als Meditationsort geschenkt.


Auch Don Camillos Nachfahren pilgern zu diesem Ort. Einen dieser Priester haben wir auch in Florenz vor dem Bahnhof die Straße überqueren gesehen, in blinder Eile und bei Rot.

Offensichtlich kannte er nur die zehn Gebote und keine weltlichen Regeln oder er vertraute darauf, dass der Herr ihn wohl beschützen würde, was er in diesem Falle wohl auch tat.

Um 19.30 ist Abendessen angesagt.
Das Positive des Tages: Alles ist so ruhig hier. Alles? Na fast alles, bis auf… 😉
Ein bisschen Glück muß man halt auch haben mit den „Öffis“.
LG Elfi M.
Wenn Engerl reisen…
Regen seid ihr noch vom Jakobsweg gewohnt 😉
Wir hatten gestern NM ein heftiges Gewitter mit einigen kleinen Eiskugerl. Heidelbeerblüten bei Ringls sind etwas beleidigt worden. Heute geht’s seit ca 10 Uhr mit Landregen weiter. Prinzipiell gut für die Natur. Blöd für uns da ohne Regen heute unser Dach fertig geworden wäre. Liebe Grüße und gutes Wanderwetter wünschen euch Robert und Christa